Band II : Herbert Ernst (*2.5.1939 – †  13.11.2019)

Herbert Ernst kam als Sohn von Friedl und Hermann Ernst in Berlin zur Welt. Da sein Vater im Krieg eingezogen wurde, lag die Verantwortung für den Sohn allein auf den Schultern der Mutter. Während der Kriegs­wirren flohen sie nach Kamenz, später nach Halberstadt und vor den Russen wieder zurück nach Berlin.

Hermann und Friedl Ernst mit ihrem Sohn, ca. ca. 1941


Nach der Grundschule besuchte H. Ernst erfolgreich die Staatlich höhere Fachschule für Fotografie und Optik. Von den Filmen im Kino war er so begeistert, dass er unbedingt Kameramann werden wollte. Da es aber keine freien Stellen für Kameramänner gab, bewarb er sich als Filmtechniker bei der Filmkopieranstalt Afifa und kopierte rund um die Uhr Spielfilme für den Kinoverleih. Durch Zufall erfuhr er, dass bei der Deutschen Wochenschau eine Stelle frei geworden war. Er ­bewarb sich erfolgreich und wurde 1958 ­dem Leiter des Berliner Büros Georg Paul Pahl als ­Assistent zur Seite gestellt.


Vom monotonen 24 h-Schichtdienst eines Filmkopierers kam H. Ernst nun direkt in die Welt der Presseberichterstattung und Georg Pahl führte seinen Auszubildenden behutsam ein. ­Zusammen drehten sie das Sechstagerennen, die Silberpfeile auf der Avus und am Ende des Jahres die Attraktion „Menschen – Tiere – Sensationen. Sie trafen auf Politiker wie Willy Brandt und Nikita Chruschtschow, auf Filmstars wie Harold Llyod, Marlene Dietrich, Gina Lollobrigida u.   a. Ein Dauerthema wurde der Exodus aus der Sowjetzone.


In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 meldete sich Pahl Sen. krank und H. Ernst, der erst spät von einer Feier nach Hause kam, wurde von seiner Mutter schon erwartet und informiert, dass er sofort die Hamburger Redaktion anrufen müsse. In Hamburg wusste man nur, dass an der Sektorengrenze irgendetwas passiert war und er sofort ­davon berichten sollte.

Herbert Ernst mit seinem Assistenten Günter Lahmann, Herbst 1961. Foto: Privatbesitz Familie Ernst


Damit begann für H. Ernst eine neue Ära. Unverhofft war er durch Pahls Erkrankung zum Jungkameramann geworden, der selbstständig von den Sperrmaßnahmen berichten durfte. Erst in den folgenden Tagen entsandte Hamburg weiter Kameramänner nach Berlin, die ebenfalls über den Mauerbau berichten sollten.


Dann beabsichtigte die Geschäftsführung H. Ernst nach Bonn zu versetzen und ihn wieder einem Kameramann als Assistent zur Seite zu stellen. Er aber wollte sein geliebtes Berlin nicht verlassen und ­kündigte. Als freier Kameramann bot H. Ernst sein Material verschiedenen Agenturen an. German Television News nutzte seine Aufnahmen für mehrere Kulturfilme, die über das Auswärtige Amt weltweit liefen.


Am 17. August 1962 drehte H. Ernst den Abtransport des sterbenden Peter Fechter. Im Jahr 2017 wurde diese Filmsequenz in das UNESCO ­WeltDokumentenErbe aufgenommen.

Der Blick über die Sichtblende nach Ostberlin. Herbert Ernst an der Bernauer-, Ecke Schwedter Straße. Foto: Privatbesitz Familie Ernst


Ab 1963 drehte H. Ernst verstärkt für die European Television Services. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre begann er eigene Filme zu produzieren, die im Kinovorprogramm oder im Fernsehen liefen. Anfang der 70er Jahre eröffnete H. Ernst mit einem Freund den Berliner Flohmarkt, die Nolle und das Zille-Museum. Bis zum Ende seines beruflichen Lebens wirkte H. Ernst als Kunsthändler und Gastronom. Sein filmisches Dokumentarwerk, 1.300 Beiträge für E-Te-S, wurde vernichtet.